
Lipödem – Schmerzen ohne Hoffnung?
Viele Frauen mit Lipödem hören nicht nur von einem „Experten“: „Da kann man nichts machen.“ Doch das stimmt nicht. Neue Studien und Erfahrungen aus der Praxis zeigen: Es gibt sehr wohl einiges an Stellschrauben – bei Ernährung, Hormonen, Entzündung und Psyche. Und genau darum geht es in diesem Artikel: um wissenschaftlich fundierte Hilfe zur Selbsthilfe und meinen Erfahrungen in der Praxis als Therapeut für klinische Psychoneuroimmunologie!
Da kann man nichts machen. Wird oft gesagt, ABER: MAN KANN WAS MACHEN!
Lipödem verstehen: Was ist das überhaupt?
Lipödem ist eine chronische (entzündliche) Erkrankung des Unterhaut-Fettgewebes, meist an Beinen und Armen, mit starker Neigung zu Schmerzen, Schwellungen und Hämatomen – also alles sehr unangenehm, vermutlich, das sagen die Betroffenen, aber ich selbst „fühle“ das ja nicht. Hände und Füße sind typischerweise ausgespart – ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zum Lymphödem (Kruppa et al. 2020), denn bei letztem sind auch Füße und Hände betroffen und stark geschwollen.
Bis zu 11 % aller Frauen sind vom Lipödem betroffen – sie werden oft über Jahre fehldiagnostiziert oder nicht so wirklich ernst genommen (Child et al. 2010, Bertsch et al. 2018) – denn die Schmerzen kann man auch haben, ohne, dass man direkt sieht, dass Arme und Beine zu stark „geschwollen“ sind.
Die Mechanismen des Lipödems: Was im Körper passiert – und warum?
1. Chronische Entzündung & Fibrose – was wir aus verwandten Erkrankungen wissen
Lipödemgewebe zeigt deutliche Anzeichen einer chronisch niedriggradigen Entzündung (Low Grade Inflammation, LGI): Dazu gehört eine erhöhte M1-Makrophagen-Aktivität, oxidativer Stress, reduzierte T-Regulatorzellen und erhöhte CRP-Wert – ähnlich wie bei Adipositas, viszeralem Fett oder metabolischem Syndrom (Mathis et al. 2013, Revelo et al. 2014).
Direkte Studien zum genauen Wirkmechanismus zu Lipödem beim Menschen sind leider derzeit noch sehr begrenzt, doch die aktuelle Forschung nutzt Erkenntnisse aus der Adipositas- und Fibroseforschung, um Parallelen zu ziehen, da es vermutlich sehr ähnliche Mechanismen sein könnten – dabei spielen folgende Pathways eine Rolle:
- Hypoxie (Sauerstoffmangel) in „überfüllten“ Fettzellen aktiviert den Transkriptionsfaktor HIF-1α, der u. a.:
- die Lysil-Oxidase (LOX) hochreguliert → verstärkte Fibrosierung,
- NO-Signalwege hemmt → reduzierte Lymphdrainage,
- proinflammatorische Zytokine aktiviert → verstärkte Entzündung und Schmerz.
Diese Prozesse sind in Studien an viszeralem Fettgewebe und bei Adipositas gut dokumentiert (Mylonis et al. 2019, Pastel et al. 2018, Kumari et al. 2017). Und auch im Lipödem findet man fibrotisch verändertes Fettgewebe, verstärkte Makrophagen-Aktivität, Probleme des Lymphflusses und eine niedriggradige Entzündung (Al-Ghadban et al. 2019) sowie Hinweise auf veränderte Vaskularisation, die zu einer ähnlichen hypoxischen Umgebung führen könnte.
Zwar ist der direkte Nachweis dieser Mechanismen im Lipödemgewebe noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen, doch sind die pathophysiologischen Überschneidungen überzeugend genug, dass renommierte Autoren (z. B. Keith et al. 2021, Verde et al. 2023) genau diese Kaskaden als potenzielle therapeutische Mechanismen diskutieren.
2. Hormonelle Einflüsse: Warum betrifft Lipödem fast nur Frauen?
Lipödem tritt fast ausschließlich bei Frauen auf – und das bevorzugt in hormonellen Umbruchphasen: Pubertät, Schwangerschaft oder Wechseljahre. Auch der Verlauf scheint an hormonelle Schwankungen gekoppelt zu sein. In der wissenschaftlichen Literatur wird daher vermutet, dass Östrogene und Gestagene (z. B. Progesteron) eine zentrale Rolle in der Pathogenese und Progression des Lipödems spielen (Keith et al. 2021, Verde et al. 2023).
Zwar existieren bislang kaum direkte molekulare Studien zur Wirkung von Sexualhormonen auf Lipödemgewebe, doch es lassen sich plausible Mechanismen aus endokrinologischer und adipositasbezogener Forschung ableiten:
- Östrogen fördert die subkutane Fettakkumulation, insbesondere im Bereich der Hüften, Oberschenkel und des Gesäßes – also in genau den Arealen, die beim Lipödem betroffen sind (Mauvais-Jarvis et al. 2013).
- Adipozyten im unteren Körperbereich exprimieren mehr Östrogenrezeptoren (ERα) und sind dadurch empfindlicher gegenüber östrogener Stimulation (Lindberg et al. 1990).
- Östrogen steigert zudem die lokale Insulinsensitivität des Fettgewebes und hemmt die Lipolyse schon bei kleinen Insulinmengen – was die Fettmobilisierung erschwert (Pereira et al. 2015).*
- Gleichzeitig erhöht chronischer Stress die Cortisolspiegel und reduziert die körpereigene Progesteronproduktion, was zu einer relativen Östrogendominanz führen kann – ein Zustand, der mit Lipödem-Symptomen korreliert wird (Erbacher et al. 2020).
Auch Progesteron selbst spielt vermutlich keine unwichtige Rolle: Es wirkt gefäßschützend, entzündungshemmend und stabilisiert Lymph- und Kapillarwände. Ein relativer Progesteronmangel – wie er unter Dauerstress häufig auftritt – könnte daher zur Verschlechterung der Lymphgefäßfunktion, Ödementwicklung und Schmerzzunahme beitragen (Verde et al. 2023).
Da die meisten Lipödem-Patientinnen nicht adipös im klassischen Sinne sind, sondern eine regionale Fettvermehrung trotz Normalgewicht (!) zeigen, ist der Einfluss lokaler hormoneller Umgebungsbedingungen (Rezeptordichte, Enzymaktivität, Aromatase) besonders interessant, oder? Aber das muss alles noch genauer unter die Lupe genommen werden – das hört sich alles geil an, aber wir sind was Forschung in diesem Bereich angeht, noch nicht am Ende.
*interessant ist, dass eine erhöhte Insulinsensitivität eigentlich dafür gedacht ist besser Energie zu speichern!!! Also man nimmt erstmal durch eine Insulinresistenz ab! Der Körper versucht durch eine Insulinresistenz also das „fetter werden“ gegen zu regulieren, ganz anders als man oft denkt. Mehr zum Thema Insulinsensitivität und Insulinresistenz findest du hier.

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3. Lymphsystem & Kapillarleck – Warum Schwellungen und Schmerzen entstehen
Ein zentrales Merkmal des Lipödems ist die ausgeprägte Schwellungsneigung (Ödeme), insbesondere in den unteren Extremitäten und mit Verstärkung im Verlauf des Tages. Diese Ödeme sind nicht allein durch vermehrtes Fettgewebe erklärbar, sondern beruhen auf komplexen Störungen im Gefäß- und Immunsystem – insbesondere im Bereich der Lymphgefäße. Kennst du ein Leaky-Gut-Syndrom? Ja, jetzt sprechen für über die Leaky-Vessels!
Damit Lymphflüssigkeit effizient abtransportiert werden kann, sind die sogenannten Lymphangione – also die aktiven Pumpsegmente der Lymphgefäße – auf den Botenstoff Stickstoffmonoxid (NO) angewiesen. NO wirkt entspannend auf die glatte Gefäßmuskulatur und reguliert die Pumpfrequenz der Lymphgefäße, also Stickstoffmonoxid ist wichtig für die Entspannung der Lymphgefäße; ohne NO würde es zu einer Dauerkontraktion und keinem sauberen Lymphfluss kommen. Bei chronisch niedriggradigen Entzündungen (Low Grade Inflammation) kommt es jedoch häufig zu einer Fehlregulation der NO-Synthese: Entzündungsmediatoren wie TNF-α oder oxidativer Stress hemmen die Aktivität der endothelialen NO-Synthase, während gleichzeitig übermäßige Aktivierung der iNOS zu einer paradoxen NO-Resistenz und vermehrtem oxidativem Stress führen kann (Scallan et al. 2015). Die Folge: Die Pumpaktivität der Lymphgefäße nimmt ab, der Abfluss der Gewebsflüssigkeit wird verlangsamt – es entsteht Lymphstau, jej.
Gleichzeitig greifen Entzündungsmediatoren auch die Integrität der Kapillar- und Lymphendothelien direkt an, eigentlich genauso wie beim Leaky gut! Zytokine wie TNF-α, IL-1β und IL-6 bewirken eine Lockerung der Zellverbindungen in den Gefäßwänden (sogenannte Tight Junctions), wie auch beim Darm (!), was zu einer erhöhten Gefäßpermeabilität führt – einem „Leck“ in der Kapillarwand. Dadurch gelangen Flüssigkeit und Plasmaproteine aus den Gefäßen ins umliegende Gewebe, was das Ödem zusätzlich verstärkt.
Langfristig führt dieser entzündliche Dauerreiz vermutlich zu strukturellen Umbauprozessen im Gewebe: Die durch Hypoxie und Entzündung aktivierte Lysil-Oxidase (LOX) fördert die Quervernetzung von Kollagenfasern in der extrazellulären Matrix – ein Prozess, der als Fibrosierung bezeichnet wird; das passiert ja bei Bändern, Sehnen etc. genauso, aber da ist das eher gewollt, damit das Gewebe belastbarer und stiffer wird; innerhalb des Fettgewebes ist das milde ausgedrückt ungeil. Diese Fibrosen verfestigen das Gewebe, machen es unelastisch und erschweren sowohl die Mikrozirkulation als auch den Abfluss über Lymphgefäße zusätzlich (Pastel et al. 2018, Kumari et al. 2017).
Es entsteht ein pathologischer Kreislauf: Entzündung führt zu Ödemen, diese begünstigen Hypoxie, welche wiederum die Entzündung und die Fibrose fördert – und damit Schmerz, Druck und weitere Schwellung auslöst und dann wieder von vorne.
Das ist zumindest einer der Mechanismen. Es gibt wirklich überraschend wenig Studien zum Thema!
4. Psyche, Trauma & Schmerzverarbeitung – zentraler Bestandteil dieser Erkrankung!
Inzwischen ist wirklich gut belegt: Bei einem großen Teil der Lipödem-Patientinnen treten psychische Belastungen wie Trauma, Depression oder Angststörungen bereits vor dem Beginn der körperlichen Symptome auf, es ist also nicht, wie oft vermutet, das komplexe Beschwerdebild, welches die Probleme verursacht! Eine Studie von Erbacher und Bertsch aus dem Jahr 2020 zeigt, dass bei über 80 % der Betroffenen eine psychoemotionale Problematik VOR Auftreten des Lipödems gefunden wird – ein starker Hinweis darauf, dass psychoemotionale Faktoren nicht nur Folge, sondern mitursächlich sein können.
Biochemisch lässt sich dieser Zusammenhang gut erklären und da sind wir auch mitten in der Psychoneuroimmunologie: Chronischer Stress aktiviert dauerhaft die sogenannte HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse), wodurch die Produktion von Cortisol steigt. Dieser Stresshormonanstieg reduziert nicht nur die Aktivität des Immunsystems, sondern reduziert auch die Synthese von Progesteron (mehr Cortisol → weniger LH & FSH → weniger Eisprung → weniger Gelbkörperhormon) – einem Hormon mit schützender Wirkung auf Gefäße, Nervensystem und Lymphe. Fehlt Progesteron, dominiert funktionell das Östrogen – es entsteht eine Art Östrogendominanz, die Fettgewebsakkumulation im Unterkörper begünstigen kann, das hatten wir ja schon besprochen!
Gleichzeitig wirkt sich chronischer Stress auf das zentrale Nervensystem aus: Die Mikroglia im Gehirn, eine Art Immunzelle des ZNS, werden aktiviert und schütten entzündliche Botenstoffe aus. Dies führt zu einer zentralen Sensibilisierung, bei der Schmerzsignale übermäßig stark wahrgenommen werden – selbst bei eigentlich harmlosen Reizen (Egloff et al. 2016). Die Betroffenen empfinden das Gewebe als schmerzhaft, obwohl objektiv kein akuter Schaden vorliegt.
Die Mikroglia-Zelle steht mit der Immunzelle in direktem Kontakt, im Bild siehst du, was das Immunsystem (und die Mikroglia-Zelle) aktivieren kann; das betrifft jede Art von chronischem bzw. übermäßigen Schmerz!
(… das ist übrigens ein Bild aus meinem Buch Diagnose sportunfähig, wenn du so willst, bespreche ich indirekt schon die Basis des Lipödem und viele weitere Zivilisationskrankheiten.)
Zusätzlich begünstigen psychische Faktoren wie Hilflosigkeit, Katastrophisierung oder soziale Isolation (= Einsamkeit) die Chronifizierung des Schmerzes. Wer den Schmerz als unkontrollierbar erlebt und sich mit seiner Erkrankung alleingelassen fühlt, hat ein höheres Risiko, dass akuter Schmerz in chronischen Schmerz übergeht – auch das zeigen Studien aus der Schmerzforschung (Linsmayer et al. 2019, Viana et al. 2018).
5. Ketogene Ernährung bei Lipödem – wieder mal die Lösung für alles?
Die ketogene Ernährung hat sich in mehreren aktuellen Studien als vielversprechende Therapieoption beim Lipödem erwiesen – und tatsächlich unabhängig davon, ob dabei Gewicht verloren wird oder nicht (Lundanes et al. 2024, Verde et al. 2023, Cannataro et al. 2021, Amato et al. 2024). Der Grund liegt in ihrer vielfältigen Wirkung auf Entzündung, Stoffwechsel und Hormonregulation.
Einer der zentralen Mechanismen ist die Hemmung des sogenannten NLRP3-Inflammasoms, einem molekularen Schalter für Entzündungen im Fettgewebe. Der Ketonkörper β-Hydroxybutyrat, der bei einer ketogenen Ernährung in der Leber gebildet wird, blockiert diesen Entzündungskomplex gezielt – wodurch die Ausschüttung von IL-1β, IL-18 und anderen proinflammatorischen Zytokinen unterdrückt wird (Youm et al. 2015). Das ist zumindest der diskutierte Mechanismus!
Zudem erhöht eine ketogene Ernährung die Konzentration des Botenstoffs Adiponektin, der nicht nur entzündungshemmend wirkt, sondern auch die NO-Synthese und Insulinsensitivität fördert (NO ist Insulin-abhängig) und damit die Pumpfrequenz der Lymphgefäße stabilisiert (Shimizu et al. 2013). Adiponektin verbessert auch die (systemische) Insulinsensitivität – ein wichtiger Faktor bei niedriggadigen Entzündungen und Co.
Auf zellulärer Ebene aktiviert Ketose den Stoffwechsel-Master-Switch AMPK, das wie ein Energie-Sensor funktioniert: Es fördert Lipolyse, Autophagie (die „Selbstreinigung“ der Zelle) und hemmt das wachstumsfördernde mTOR – ein Signalweg, der bei chronischer Überernährung und Entzündung überaktiviert ist (Bhanpuri et al. 2018). Gleichzeitig wird die Mitochondrienfunktion verbessert, was zu weniger oxidativem Stress und stabilerer Energieproduktion führt (Puchalska et al. 2017).
Das Zusammenspiel all dieser Prozesse kann helfen, die pathophysiologischen Kreisläufe beim Lipödem – Entzündung, Fibrose, Ödem und Schmerz – auf mehreren Ebenen gleichzeitig zu durchbrechen.
Und ja, das sind viele Mechanismen und Hypothesen, aber die Studien aus dem ersten Abschnitt haben das an Betroffenen getestet und gezeigt, dass viele Menschen mit Lipödemen positiv auf eine ketogene Ernährung reagieren!
Einer der Mechanismen könnte aber auch der folgende sein:
6. Gluten – unterschätzter Treiber systemischer Entzündung?
Immer mehr Hinweise deuten darauf hin, dass Gluten bei vielen Lipödem-Betroffenen ein stiller Verstärker von Beschwerden sein könnte! Oha? Eine aktuelle Studie zeigte, dass viele Patientinnen mit Lipödem genetisch die HLA-DQ2/DQ8-Mutation tragen – also genau jene HLA-Varianten, die auch bei Zöliakie oder nicht-zöliakischer Glutensensitivität eine Rolle zu spielen scheint (Amato et al. 2023). Jaja ich weiß, alles nur mögliche Hypothesen: Aber besser das und mal eine Zeit lang auf Gluten verzichten, als die Hoffnung aufzugeben, oder?
Denn schau mal: Ich hatte die letzten Jahre nicht viele, aber 6 Patientinnen mit Lipödemen. Die waren wegen anderer Schmerzen bei mir und das was wir gemacht haben, hatte dazu geführt, dass sie auch keine Lipödemschmerzen mehr hatten! Eine Patientin reagierte, ohne, dass sie es wusste, auf Gluten, so, dass ALLEINE DIE GLUTENELIMINATION ausreichte, um sie von der Schlachtbank zu holen! (also sie hat ihre OP abgesagt…)
Gluten kann in diesen Fällen die Ausschüttung von Zonulin im Dünndarm verstärken – einem Protein, das die Zellverbindungen (Tight Junctions) der Darmschleimhaut öffnet (kommt dir schon bekannt vor, oder? Denk an die Leaky vessels…). Die Folge ist eine erhöhte Darmpermeabilität (auch Leaky Gut genannt): Bakterienfragmente und Endotoxine wie LPS (Lipopolysaccharide) können bei erhöhter Darmpermeabilität in den Blutkreislauf gelangen. Dort aktivieren sie über den Rezeptor TLR4 das angeborene Immunsystem (schau dir nochmal das Bild oben aus meinem Buch an!!!) – was zur Freisetzung entzündlicher Zytokine wie TNF-α oder IL-6 führt. Dieser Mechanismus ist gut dokumentiert und spielt eine wichtige Rolle bei metabolisch-entzündlichen Erkrankungen wie Adipositas, Insulinresistenz und möglicherweise auch Lipödem (Cani et al. 2007, Caricilli 2013, Fasano et al. 2012, Amato et al. 2023).
Diese quasi systemische Entzündung wiederum steigert die Gefäßpermeabilität, was Schwellungen und Schmerzen weiter verstärken kann.
Also auch ohne nachweisbare Zöliakie ist eine glutenfreie Ernährung einen Versuch wert!
Einen ausführlichen Artikel zum Thema Darmsanierung und Leaky Gut findest du hier: Darmsanierung und Leaky Gut
7. Mikrobiom, Fasten & Nahrungsergänzung bei Lipödem?
Die Rolle des Darmmikrobioms wird beim Lipödem oft kaum berücksichtigt – dabei spricht vieles dafür, dass auch hier relevante Stellschrauben zu finden sind: Systemische Entzündung, Immunregulation, Insulinsensitivität, Hormonregulation und Östrobolom? Irgendwie liegen viele der Mechanismen auch im Darm!
Ein gestörtes Mikrobiom (Dysbiose) kann z. B. systemische Entzündungen fördern, die Darmbarriere schwächen (leaky leaky leaky) und die Produktion kurzkettiger Fettsäuren (SCFA) wie Butyrat reduzieren. Letztere sind jedoch entscheidend für die Integrität der Darmschleimhaut, die Entzündungsregulation und sogar die Energieversorgung der Darmzellen (Norwitz 2024) und auch die Insulinsensitivität wird durch die kurzkettigen Fettsäuren positive beeinflusst.
Auch Intervallfasten / intermittierendes Fasten – etwa im 16:8-Rhythmus – zeigt vielversprechende Effekte: Es aktiviert AMPK, senkt Insulin und reduziert die Aktivität des HIF-1α-Faktors, der bei Sauerstoffmangel Fibroseprozesse im Gewebe verstärkt. Zudem verbessert Fasten die mitochondriale Funktion und fördert Autophagie – ein zentraler Prozess bei der Zellerneuerung und Entzündungsregulation. So zumindest die Theorie: Hier wissen wir aber mittlerweile, dass eine Kalorienreduktion an vielen Stellen genauso wirkt wie eine Mahlzeitenreduktion und, dass die Wirkung des Fastens direkt an der Verringerung der Kalorienaufnahme verknüpft ist, so die bisherige Datenlage. Aber: 100% wissen wir es aber noch nicht, daher ein kleiner Praxis-Check:
Wenn ich 12+ Stunden nicht gegessen habe, dann erhöhen sich meine Ketonkörper-Level im Blut. Wenn ich aber alle 3-4 Stunden etwas esse, auch bei einem Kaloriendefizit, habe ich diese Ketonkörper-Erhöhung nicht (zumindest kann ich die nicht messen)! Also ganz gleich scheinen eine normale Calorie Restriction und das intermittent Fasting nicht zu wirken. Bei mir zumindest nicht.
Was die Nahrungsergänzung betrifft, so gibt es bei Lipödem keine „Wundermittel“. Aber eine gezielte Supplementierung könnte dabei helfen, Mangelzustände zu beheben, Entzündungsprozesse zu modulieren und das Lymphsystem zu unterstützen. Besonders relevant sind vermutlich, auch wenn wir noch nicht ausreichend Daten dazu haben:
Omega-3-Fettsäuren, Quercetin, Curcumin, Vitamin D zur Entzündungshemmung
Arginin, Citrullin und Rote Bete zur Förderung des Lymphflusses (NO-Bildung!)
Zink, Chrom, Vitamin D3, Omega-3- Fettsäuren OPC, Myo-Inositol zur hormonellen Balance
Vitamin A als Retinol, D3, Selen, Jod, Eisen und Zink für die Schilddrüsenfunktion
Vitamin C, GLA und OPC zur Verringerung fibrotischer Prozesse (HIF-Regulatoren)
Was du konkret tun bzw. ausprobieren kannst? Deine To-Do-Liste
✅ 3 Monate ketogen ernähren (z. B. Paleo-Keto)
✅ Gluten komplett meiden (6 Wochen Testphase)
✅ Vitamin D, Omega-3 auffüllen und ein gutes Multivitamin nutzen
✅ fT3, Ferritin, CRP, Zonulin, Adiponektin testen, schauen ob etwas auffällig ist
✅ Intermittent Fasting (z. B. 16:8) oder 24h-Fasten 1-2×/Woche
✅ Krafttraining (2–3×/Woche) und allgemein viel Bewegung (regt Lymphfluss an und reduziert systemische Entzündungen!)
✅ Mikrobiom stärken: fermentiertes Gemüse, Milchsäurebakterien
✅ EMDR, kognitive Verhaltenstherapie, Deep Learning (dieser Artikel!!!) oder Körpertherapie bei Trauma
✅ Verzicht auf hormonaktive Stoffe (z. B. Plastik, Pille)
✅ >30 ml Wasser pro kg Körpergewicht trinken
✅ Nahrung selbst zubereiten, weniger zu stark verarbeitete Lebensmittel
✅ 7–9h Schlaf, Schlafhygiene beachten
✅ Tagebuch: Ernährung, Emotionen, Symptome (oft findest du hier noch Trigger!)
Fazit: Du kannst vermutlich einiges beim Lipödem tun!
Lipödem ist kein kosmetisches Problem, sondern eine komplexe Stoffwechsel-, Hormon- und Entzündungsproblematik. Die gute Nachricht: Du bist nicht machtlos, nicht alleine UND du hast jetzt einiges an Wissen am Start, wie du deiner Problematik begegnen kannst. Dieser Artikel bietet hoffentlich einige Erklärungen und Ansatzpunkte.
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Zum Beispiel zum Thema Darmsanierung und Leaky Gut oder zum Thema Insulinsensitivität.
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Quellen
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Amato, Alexandre Campos Moraes, Juliana Lelis Spirandeli Amato, and Daniel Augusto Benitti. 2024. „The Efficacy of Ketogenic Diets (Low Carbohydrate; High Fat) as a Potential Nutritional Intervention for Lipedema: A Systematic Review and Meta-Analysis“ Nutrients 16, no. 19: 3276. https://doi.org/10.3390/nu16193276
Amato, A.C.M., Amato, J.L.S., Benitti, D.A. 2023. “Assessing the Prevalence of HLA-DQ2 and HLA-DQ8 in Lipedema Patients and the Potential Benefits of a Gluten-Free Diet.” Cureus 15(7):e41594. https://doi.org/10.7759/cureus.41594.
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