
Die Harnsäure Geschichte? In einer Zeit lange bevor es Bill Gates gab… „Der Mensch fing irgendwann an Tiere zu domestizieren und diese in Herden zu halten, er baute Getreide an, braute Bier, beherrschte das Feuer. Dann kamen Supermärkte dazu und später der Kühlschrank – Nahrung ist immer verfügbar, immer, überall, jeden Tag, zu jeder Tageszeit und ohne, dass wir uns dafür bewegen müssten – weder sammeln noch jagen.“
Aber Fleisch, es MUSS das Fleisch sein was zu Erkrankung führt, oder? Geht ja nicht anders. Oder?
Fleischverzicht ist (leider) nicht die Lösung für alles…
Grade Fleisch erhöht doch die Harnsäurespiegel im Blut und führt zu Gicht? Richtig? Naja. Harnsäure war im Laufe der Evolution wichtig für uns Menschen und ist es nach wie vor – der verminderte Abbau von Harnsäure im menschlichen Körper ermöglichte vermutlich den aufrechten Gang. Durch den Verlust der Uricase, das Enzym was in Tieren die Harnsäure abbaut, wurde der Blutdruck, GEWOLLT durch die Evolution, indirekt erhöht, denn ohne diese Blutdruckerhöhung würden wir ohnmächtig werden, wenn wir uns grade hinstellen. Aber Fleisch erhöht doch die Harnsäure, richtig? Naja. Auch wenn das öfter wiederholt wird, wird es nicht richtiger…
Die-Fleisch-und-die-Harnsäure-Biochemie?
Um Harnsäure, deren Auf- und Abbau zu verstehen, Zweck und Wirkung der Harnsäure und den Fleischbezug, sollten wir uns mal etwas die Biochemie angucken. Etwas zumindest. Denn „Fleisch erhöht die Harnsäurewerte“ und die pauschale Empfehlung die Menge an Fleisch zu reduzieren ist nicht zuende gedacht.
Fleisch ist purinreich, ja, aber… was sind eigentlich Purine? Purine sind Heterocyclen, also Stoffe die aus wenigstens 2 verschiedenen chemischen Elementen bestehen. Stickstoff spielt hier eine große Rolle und ja, kurz, Purine sind Bestandteile der Nukleinsäuren, als der DNA (Desoxyribo-Nukleinsäure), RNA, also Purine sind unter anderem am Speicher unserer Erbinformationen beteiligt und jedes Protein, ob tierisch oder pflanzlich, enthält Erbinformationen, also auch Purine – also auch Hülsenfrüchte, Nüsse und so weiter, nicht nur Fleisch, Fisch, Eier. Puhhh, Purine… Konsequenterweise müsste man dann sagen „Protein erhöht die Harnsäurewerte“ oder „Protein ist purinreich, ja, aber…“ nicht nur Fleisch. Auch ist Adenin ein Purin der universellen Energiequelle ATP, also Adenosin-Tri-Phosphat (Adenin + Ribose + Phosphat) und es entsteht immer auch Harnsäure beim Energieverbrauch, nicht nur beim Fleischverzehr – wird Energie, also ATP, verbraucht, entsteht ADP, dann AMP, dann bleibt Adenosin übrig, was über Hypoxanthin und Xanthin mittels der Xanthinoxidase zu Harnsäure abgebaut wird. Puuhhhhrine. Du musst diese Zeilen sehr schnell lesen damit es rüber kommt – grade bei komplizierten und zu langen Kettensätzen macht das (keinen) Sinn.
Verbrauchst du mehr Energie, dann fällt auch mehr Harnsäure an. Harnsäure wird auch von Fettzellen selbst gebildet und teilweise gespeichert, Harnsäure wird also beim Übergewichtigen vermehrt gebildet und wird ebenso frei durch Diät, denn eine Diät ist ja ein kataboler, energieverbrauchender, Prozess (Tsushima et al 2013, Zhou et al. 2017).
Ist Energieverbrauch schlecht? Nein. Aber Fleisch erhöht doch die Harnsäurespiegel, oder? Du hast mich verstanden, danke für deine Aufmerksamkeit…
Isst du mehr Protein, dazu gehört natürlich auch Fleisch, dann fällt mehr Harnsäure an, ist Protein schlecht? Nein, lebensnotwendig.
In Tieren würde die Uricase die Harnsäure weiter zu Allantoin abbauen, das Oxidationsprodukt von Harnsäure – bei Menschen passiert das nicht – Harnsäure wird zu Teilen über den Schweiß ausgeschieden, aber auch über die Nieren, wie das verändert wird, erzähle ich dir gleich.
Wir haben also auf der einen Seite die Bildung und auf der anderen Seite die Ausscheidung – nur die Produktion und Bildung alleine ist nicht die gesamte Gleichung, den wird viel gebildet und gleichzeitig auch viel ausgeschieden, so ist die Welt doch in Ordnung. Wird wenig gebildet und gar nichts mehr ausgeschieden, so akkumuliert die Harnsäure. Kann man nachvollziehen?
Bis zu 80% der Harnsäurespiegel werden auch sowieso endogen produziert, auch ganz unabhängig der Nahrung und korrelieren u.a. mit Übergewicht und einer Insulinresistenz. Eine ketogene Ernährung, wo beispielsweise viel Fett und Protein verzehrt wird, erhöht nicht zwangsläufig den Harnsäurespiegel (Gohari et al. 2023).
Fruchtzucker macht Gicht? So einfach ist das auch nicht…
Grade auch beim Fruktose (Fruchtzucker) Abbau wird sehr viel Harnsäure gebildet, zumindest zeigen das viele Modellversuche, aber auch Studien am Menschen (Russo et al. 2020). Fruktose wird über die Fruktokinase zu Fruktokinase-1-Phosphat abgebaut – dieses Enzym ist nicht gesättigt und verbraucht viel ATP und je mehr Fruchtzucker verzehrt wird, desto mehr ATP wird verbraucht, am Ende entsteht wie schon oben erklärt Harnsäure. Eine starker Harnsäureanstieg zeigt also eher in Richtung „Energieverbrauch auf Leberebene“, als auf Fleischverzehr.
Glukose (Traubenzucker) hingegen wird über die Phosphofructokinase abgebaut und durch das dabei entstehende Endprodukt Fruktose-1,6-Biphosphat gehemmt. Während unbegrenzter Fruchtzuckerverzehr die ATP-Speicher der Leber verstärkt „missbraucht“, erhöht Traubenzucker bei unbegrenztem Konsum den Blutzuckerspiegel, welcher toxisch wirken kann, da die Kapazitäten der Leber, also Abbau und Speicherung für Glukose, gesprengt werden. Aber das alles ist vor allem im Setting eines mehrtätigen (oder gar chronischen) Kalorienüberschuss relevant.
Also bei beidem ist es so: Wenn „zu viel“ aufgenommen wird, nicht in kleinen Mengen, können natürlich beide Zuckerarten Probleme machen. Und genau das ist auch, wo die „CICO“-Theorie (Calories in vs Calories out) zum Tragen kommt – wobei aber gerne vergessen wird, dass „CICO“ in der „freien Wildbahn“ nicht so leicht aufgeht wie im Laborversuch. Erklär ich dir:
Ein recht großes Problem von Fruchtzucker ist nämlich, dass Fruchtzucker bis zu 10-Mal süßer als Glukose ist – es gibt einige Daten von Peters zum Beispiel, die zeigen, dass das Gehirn bei sehr „süßem“ überzeugt ist, dass genug Energie vorhanden ist bzw. dass mehr rein kommt als es tatsächlich tut und sich das Gehirn dann selbst weniger vom Blutzucker abzwackt, dabei einen Energiemangel entwickeln könnte, was zu vermehrtem Hunger führt – die sogenannte „Neuroglykopenie“ durch Fruchtzucker und Süßstoffe!? Genauso erhöht Fruchtzuckerkonsum ebenfalls nicht den „sättigenden Insulinspiegel“ – je mehr Fruktose, desto mehr Fruktose? Das sind aber nur Hypothesen oder mögliche Mechanismen.
Also Fruchtzucker nicht allein, sondern Fruchtzucker im Übermaß erhöht die Harnsäurespiegel (Wang et al 2012) – also wenn wir nur auf „Calories In Calories Out“ schielen, dann ja, dann kommts auf die Kalorien an, doch genau HIER liegt oft das Problem: Fruchtzucker, anders als andere Kohlenhydratarten, führen wahrscheinlich dazu, dass wir schneller überfressen, da es das Hungerhormon Ghrelin erhöhen kann und ebenso wird die Aktivität der Sättigungszentren reduziert (Luo et al 2015, Lowette et al 2015, Luo et al 2015, Rizkalla et al 2012). Und da fliegt CICO der alte Papagei einfach aus dem Fenster…
Fruktose unterliegt zudem einer besonderen Metabolisierung: In der Zelle findet eine ungebremste Umwandlung von Fruktose in Fruktose-1-Phosphat mittels Adenosin-3- und Adenosin-2-phosphat (ATP/ADP) statt. Sind die Reserven der Energieträger ATP und ADP aufgebraucht, wird das verbliebene Adenosinmonophosphat (AMP) in den Purinstoffwechsel eingeschleust, wo es über Xanthin und Hypoxanthin zu Harnsäure umgewandelt wird (Jensen et al 2018), also erhöhter Fruchtzuckerverzehr ist auch tatsächlich mit Gicht und einer Hyperurikämie assoziiert (Jamnik et al 2016, Russo et al 2020).
Zudem kann ein stärkerer Energieverbrauch auf Leberebene die Alkohdehydrogenase anschalten – es entsteht dadurch mehr Leberfett? Theoretisch fordert auch der Abbau eines Medikaments auf Leberebene einiges an ATP, der ADP Spiegel erhöht und das ist wie gesagt ein Trigger für die Alkoholdehydrogenase, was unter andrem die Fettbildung in der Leber ankurbeln kann und beim Abbau von ATP entsteht ja auch vermehrt Harnsäure – durch Medikamente und Fruchtzucker mehr Harnsäure und Leberfett?
Und da fliegt CICO der alte Papagei einfach aus dem Fenster…
Harnsäure ist zwar selbst ein potentes Antioxidans, theoretisch bis zu dem 50-fachen potenter als Vitamin C und fängt auch gerne mal freie Radikale ab, was ja gut ist, inaktiviert aber leider auch bei zu hohen Blutspiegeln das Stickstoffmonoxid und die eNOS und kann daher zu einer endothelialen Dysfunktion führen (Cai et al 2017) – erhöhte Harnsäurespiegel sind potenziell an der „krankhaften“ Blutdrucksteigerung und Gefäßproblemen beteiligt (Cheng et al 2017) und stellen einen Risikofaktor für Herzkreislauferkrankungen dar! Wie beim Fruchtzucker – bisschen ist ok und kann positiv wirken und zu viel dreht den Döner-Spieß um! Na dann guten Appetit…
Allopurinol ein „Gichtmedikament“ hemmt die Xanthinoxidase und reduziert den Harnsäurespiegel, aber es wird dennoch nicht die Ursache beseitigt – vermehrter ATP-Verbrauch auf Leberebene und „ungünstige Lebensstilfaktoren“, vermehrte Akkumulation von Leberfett, zu viel Hunger durch Fruchtzucker, Übergewicht und Insulinresistenz oder generell zu wenig Bewegung bei zu vielen Gesamtkalorien? Neben der medikamentösen Behandlung, sollte der Lebensstil immer mit angepasst werden.
Und nochmal ein bisschen Biochemie der Harnsäure…
Der Harnsäuretransporter URAT1 erhöht die Harnsäurerückresorption – Laktat und Aspirin stimulieren diesen beispielsweise und erhöhen somit potenziell den Harnsäurespiegel (Cho et al 2015, Tan et al 2016) und auch Insulin hemmt die Harnsäureausscheidung bzw. erhöht die Reabsorption (URAT1), dazu macht Harnsäure insulinresistent, das erhöht wiederum die Insulinspiegel und es geht von vorne los und je mehr Insulin im Blut, desto höher steigen die Harnsäurespiegel (Gill et al 2013, MacFarlane et al 2014, Toyoki et al 2017, Zhu et al 2014, Galvan et al 1995), mehr Hunger durch Insulinresistenz, mehr Harnsäure produzierende Fettzellen und und und.
Aber Fleisch ist schlecht sagst du, oder?
Ich bin mir nicht sicher ob du das grade richtig gelesen hast? Das alles hat eigentlich nur sehr indirekt, wenn überhaupt, etwas mit Fleisch zu tun!
Guck mal. Fleisch erhöht zwar, wie ganz viele andere Dinge auch den Harnsäurespiegel (selbst Sport erhöht die Harnsäurespiegel kurzfristig aber niemand würde vom Sport abraten!) – aber Insulin hemmt die Harnsäureausscheidung, genauso Laktat, Aspirin oder natürlich auch Nieren- und Gefäßproblematiken. Viel Fleisch bei geringeren Insulinspiegeln und guter Insulinsensitivität und Normalgewicht wird keine Probleme machen. Das zeigen auch viele meiner Patienten, die sportlich sehr aktiv sind, viel Protein und auch Fleisch essen und Harnsäure-Level unter 5 haben.
Aber nicht nur Insulin, auch Leptin erhöht die Harnsäurespiegel – dickere Personen haben tendenziell erhöhte Leptinspiegel und ein reichlicher Kohlenhydratverzehr erhöht den Spiegel an Insulin und Leptin ebenfalls stärker als der Verzehr von Protein oder Fett (Mahmoud et al 1998, Emmerson et al 1998, Dessein et al 2000). Also eher „low Carb“ bei Gicht? Ja, in die Richtung – aber nicht zu kurz denken, es geht nicht direkt um weniger Kohlenhydrate, es geht um bessere Insulinsensibilität, weniger Kalorien und die Reduktion von Körperfett!
Es ist auch nicht nur Harnsäure, es sind Mono-Sodium-Urat-Kristalle, welche die Gelenkentzündungen „begünstigen“ und als „Danger Signal“ das Immunsystem aktivieren können (Ragab et al 2017, Rock et al 2013) – Harnsäure alleine ist es vielleicht nicht, sondern die verringerte Ausscheidung von Harnsäure UND Salz. Und wer reduziert die Ausscheidung von Salz (Sodium = Natrium)? Ja, auch Insulin… Und Harnsäure selbst macht das Renin-Aldosteron-System empfindlicher und sorgt dafür, dass vermehrt Natrium, also Salz, zurückgehalten wird und es geht von vorne los…
Sport, Training und Harnsäure?
Auch Sport, je intensiver desto mehr, erhöht kurzfristig die Harnsäurespiegel (Green et al 1988), langfristig reduziert regelmäßige körperliche Aktivität die Harnsäurespiegel aber (Francis et al 1984) – wieso erst und dann doch nicht?
Intensive Aktivität, über verstärkte Produktion freier Radikale, oxidiert die Harnsäurespiegel zu Allantoin (Kandar et al 2014, Hellsten et al 1997, 2001) – das bedeutet, dass Harnsäure auf der seinen Seite freie Radikale von der Muskulatur fernhält und auf der anderen Seite der bewegte Muskel die Harnsäure, indirekt, abbauen kann. Auf alle Fälle sehr interessante Mechanismen!
So oder so, beides ist gut! Also der Verlust der Uricase fiel nie so stark ins Gewicht, da der Mensch ja so oder so ein sehr aktives und bewegtes Tier ist und auch hier hast du eine mögliche „Therapieempfehlung“ bei hohen Harnsäurespiegeln – den Körper wieder so benutzen, wofür er vorgesehen war!?
Auch Schwitzen erhöht zwar die Harnsäureausscheidung über den Schweiß, allerdings ist die Menge sehr gering und die dadurch reduzierte Ausscheidung über den Urin überwiegt (Huang et al 2002) – wenn du aber viel trinkst während du viel schwitzt, könntest du auch kleine Mengen an Harnsäure und Salz ausscheiden. Alles nach und nach. Etwas Sauna, etwas Sport, etwas Kalorienreduktion, nach und nach.
Höhere Harnsäurespiegel korrelieren aber DEUTLICH mit mehr Muskelkraft und Muskelmasse im Alter und Harnsäure fängt ebenfalls bei älteren Menschen einiges an freien Radikalen ab (Macchi et al 2008) – ob es hier immer sinnvoll ist zu senken? Denk daran: Die Harnsäurespiegel zu senken, ohne die „Fehler“ direkt anzugehen, stellt nur eine symptomatische Therapie und keine ursächliche dar – „Blutbildkosmetik“ wäre hier der entscheidende Begriff.
Sport verbessert die Ausscheidung von „Stoffen“, Sport verbessert die Insulinsensibilität, Sport verbessert den Abbau von Laktat / Milchsäure, Sport hilft dabei Harnsäure abzubauen, Sport baut Körperfett ab. Aber Sport ist Mord? Kein Sport ist DEIN Mord!
Und nochmal: Harnsäure und Fleisch? Gicht und Fleisch?
Aber FLEISCH ist doch schlecht, ist so bleibt so? Das weiß doch mittlerweile jedes Kind? Ja naja. Aber die Harnsäurespiegel werden durch den Fleischkonsum erhöht oder? Nicht umsonst empfiehlt doch jeder „Ernährungsexperte“ eine fleischlose Kost bei Gicht und hohen Harnsäurewerten, stimmts? Jein. Auch wenn du es gerne hättest, die Daten sprechen komischerweise eine uneindeutigere Sprache… polnisch…
Die Harnsäurespiegel scheinen in sich vegan ernährenden Menschen tatsächlich höher zu sein als in Fleischessern (Schmidt et al 2013, Jakše et al. 2019)! AUF DIE FRESSE! Und nochmal nachtreten, wenn du auf dem Boden liegst? Hier: Auch low Carb, sogar ketogene, Ernährungsweisen können den den Harnsäurespiegel senken – obschon sie sehr reich an tierischem Protein sind (Cicero et al 2015, Juraschek et al 2017, Bruci et al 2020, Suyoto et al 2018). Wenn Kohlenhydrate und Pflanzen, dann mit geringem glykämischen Index bzw. einer geringeren glykämischen Last – du weißt schon „naturbelassene Grundnahrungsmittel“, egal ob Tier oder Pflanze und nicht mehr Kalorien als du auch verbrauchst!
Aber Fleisch erhöht doch die Harnsäure, richtig? Sag mal, benutzt du die falsche Sonnencreme?
Denn egal ob Fleisch oder nicht, auch Brassica Arten, Meeresgemüse, Hülsenfrüchte und andere Pflanzen liefern einiges an „Purinen“ und damit potenziell auch einiges an Material zur Harnsäurebildung – und weniger tierische Produkte resultiert oftmals auch in mehr Kohlenhydrate, mehr Fruchtzucker und nicht selten auch zu höheren Insulinspiegeln – muss nicht, aber in der Praxis sieht es eben oft so aus. Wenn du also „purinreiches Fleisch“ meiden sollst, dann, wenn das richtig wäre, müsstest du auch „purinreiches Gemüse und Obst“ meiden.
Generell wirken Calcium, Laktose oder generell Milchprodukte, genauso Vitamin C, Obst und Gemüse eher präventiv gegenüber der Entwicklung von Hyperurikämie und Gicht (Jakse et al 2019) – das ist ja nichts Neues – Obst und Gemüse ist gut?! Es geht nicht darum, dass du nur Fleisch fressen sollst, sondern darum, dass die Empfehlung „auf Fleisch zu verzichten“ nicht zuende gedacht ist, aber trotzdem immer einfach weitergeplappert wird.
Tendenziell sind Vegetarier zwar am besten aufgestellt (Chiu et al 2020), es scheint aber nicht der Fleischverzicht zu sein der so positiv wirkt, sondern die Integration von eher basischem, vitamin- und nährstoffreichem Obst und Gemüse, sowie ein „gesunder Lebensstil“ was die Harnsäurespiegel hilft zu „optimieren“ (Siener et al 2003) – denn die Vegetarier essen ja auch Milchprodukte, Fisch und Co.
Schaut man sich eine Metaanalyse zum Thema an, dann wird gezeigt, dass der Verzehr von Gemüse, Soja und anderen Hülsenfrüchten, vielleicht sogar Kaffee, das Gichtrisiko verringert – Fleisch, Fisch und Alkohol selbiges erhöhen könnte (Li et al 2018) und hier kommt wieder das Problem der Korrelationsfalle zum Tragen: Es handelt sich um Assoziationen, es handelt sich um Umfragen, es handelt sich nicht um tatsächlich gute Untersuchungen – es zeigt eine grobe Richtung, mehr nicht. Der zigarettenfressende Fleischesser, der weder Sport macht, noch sich regelmäßig die Eier rasiert, der ist nicht das Maß der Dinge – genau der ist aber der, der zu dem Ergebnis „Fleisch macht Gicht“ führt. Metaanalyse hin oder her – eine Metaanalyse ist nur so gut wie die verwendeten Untersuchungen. Du weißt doch jetzt – Insulin reduziert die Ausscheidung von Harnsäure, Fruchtzucker und proteinreiche Nahrungsmittel liefern Substrat für die Harnsäurebildung und beides sollte man am besten nicht kombinieren. Isst also der sportfaule und insulinresistente Diabetiker große Mengen an Fleisch, Obst und Hülsenfrüchte, ja, dann Mahlzeit!
Bei dem Verzehr von Obst im Bezug zu Gicht streiten sich die Gelehrten nämlich nach wie vor – es gibt Daten die einen Gichtanfall mit dem Früchteverzehr in Verbindung bringen, andere wiederum nicht und ja, Früchte enthalten zwar einiges an Fruchtzucker, aber auch einiges an Vitaminen, Polyphenolen und vieles mehr, was potenziell den Gichtanfall entgegnen könnte (Nakagawa et al 2019, Underwood 2008) – wenn wir also immer wieder FLEISCH aufzählen, Studien hierzu angeben und mit den Fingern auf diejenigen zeigen, die Fleisch essen, dann müssten wir neben den Hülsenfrüchten, auch immer OBST aufzählen – denn auch Fleisch enthält einen Haufen positiv wirkender und gesunder Inhaltsstoffe.
Also geringer Gehalt an Fruchtzucker, geringe Insulinspiegel, Kohlenhydrate mit geringer glykämischer Last, viel trinken, Basen und Elektrolyte um die bisherigen Daten festzuhalten – Fleisch zu reduzieren ist unter Garantie NICHT der „Game Changer“ im Falle der Harnsäure – zumindest ist der Fleischverzicht auch nur eine „symptomatische“ Behandlung, wenn überhaupt…
Nahrungsergänzungsmittel bei Gicht?
Supplemente sind unnötig hört man immer wieder! Aber ist das wirklich so? Auch hier ein KLARES: Jein…
Ein bisschen mehr Zink könnte die Harnsäurespiegel senken (Zhang et al 2018), eine Prise zusätzliches Vitamin C könnte die Ausscheidung von Harnsäure erhöhen (Kanbara et al 2011, Towiwat et al 2015), Grüntee reduziert die Xanthinoxidase Aktivität und somit die Bildung von Harnsäure, Curcumin reduziert ein überaktives Immunsystem und hemmt u.a. die Enzyme LOX-5 und COX-2 – alles zusammen und dazu noch ein paar andere Polyphenole, wirken antientzündlich, reduzieren oxidativen Stress und Verbessern potenziell die Gefäßfunktion und reduzieren den Harnsäurespiegel im Blut (Roumeliotis et al 2019) – wobei das natürlich nicht vergleichbar mit einer medikamentösen Gichtbehandlung ist (Sivera et al 2014), aber die alleine Hemmung der „Gichtenzyme“ durch Medikamente ist ja auch noch lange nicht ursächlich, oder? Die aufgezählten Substanzen sind auf unsere Gesundheit generell eher positiv wirkend.
Eine Umstellung der Nahrung, der Einsatz von ein paar guten Nahrungsergänzungsmitteln in Kombination und ausreichend Sport, trinken und schwitzen funktioniert vermutlich super – nur ist es deutlich aufwendiger als mal eben nur eine Pille extra einzuwerfen. Stimmts?
Und wenn du einen Saufen möchtest? Dann bitte Wein – Alkohol kann zwar die Reabsoption von Harnsäure im Urogenitaltrakt erhöhen, aber grade Bier, weniger Wein, erhöht die Harnsäurespiegel in einer Studie zum Thema aus 2011 (Kanbara et al 2011). Aber Alkohol ist generell nicht sehr gesund.
„Behandlungsprotokoll“ bei erhöhten Harnsäure-Spiegeln („Gicht“)?
Viel stärkearmes Gemüse, viele Beeren, viele Kräuter und Gewürze.
Tierische Produkte sind erlaubt, auch Fleisch, aber immer in Kombination mit ausreichend pflanzlichen Nahrungsmitteln und nicht in Kombination mit großen Mengen an Kohlenhydraten UND in Kombination mit ausreichend Bewegung um die Insulinspiegel zu senken.
Kohlenhydrate auf 50-150g pro Tag beschränken und wenn, dann mit niedrigem glykämischen Index – möglichst Fruchtzucker in konzentrierter Form vermeiden.
Auch wenn generell eine Trinkempfehlung schwerfällt, empfehle ich hier gerne wenigstens 2,5 Liter Flüssigkeit pro Tag in Kombination mit heißen Bädern oder Sauna.
2-maliges Herzkreislauftraining und 2-maliges moderates Krafttraining in der Woche.
200-500mg Vitamin C, ein gutes Multivitaminpräparat, ein gutes Multimineralpräparat, sekundäre Pflanzenstoffe wie Curcumin, OPC und ähnliches integrieren, ein paar Tässchen grünen Tee pro Tag, ein paar Tässchen Brennnesseltee am Tag.
Komasaufen nur mit Wein? Jein.
Die evolutionäre Lösung für Krankheit?
„Der Mensch fing irgendwann an Tiere zu domestizieren und diese in Herden zu halten, er baute Getreide an, braute Bier, beherrschte das Feuer. Dann kamen Supermärkte dazu und später der Kühlschrank – Nahrung ist immer verfügbar, immer, überall, jeden Tag, zu jeder Tageszeit und ohne, dass wir uns dafür bewegen müssten – weder sammeln noch jagen.“
Lies dir das noch einmal durch, nimm es dir zu Herzen und der größte Teil ist getan. #erstjagen #dann #essen
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